Marco Böhme: Was sagt eigentlich Verkehrsminister Dulig zur Zersplitterung der Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes?

Anstelle der Deutschen Bahn wird ab 2026 ein italienisches Unternehmen die ausgelasteten S-Bahn-Linien zwischen Leipzig und Halle bedienen. Zu dieser Vergabeentscheidung für zwölf Jahre erklärt Marco Böhme, Sprecher der Linksfraktion für Klimaschutz und Mobilität:

„Diese Entscheidung ist empörend und ärgerlich – abgesehen von Berlin geht es hier um das größte S-Bahn-Netz in Ostdeutschland, bei dem künftig zwei konkurrierende Anbieter Geld verdienen wollen. Das bringt Probleme mit sich, die vermeidbar gewesen wären. Ich verlange vom Verkehrsminister einen kritischen Blick auf diese Vergabeentscheidung und eine öffentliche Erklärung dazu, auch wenn die Planung, Organisation und Ausgestaltung des ÖPNV kommunale Aufgabe ist. Letzteres wollten wir mit unserem ÖPNV-für-alle-Gesetz ändern.

Die Personalprobleme werden bei zwei unterschiedlichen Anbietern wachsen. Schließlich werden die beiden Unternehmen sich nicht per Mitarbeiterpool austauschen. Die Deutsche Bahn hat mehr Beschäftigte, wird diese aber verständlicherweise nicht an ein Konkurrenzunternehmen abgeben. Zudem ist es fraglich, ob die Länderbahn die benötigten neuen Züge bis 2026 überhaupt bereitstellen wird. Es wäre höchst ärgerlich, wenn ganze Linien ausfielen oder nicht bedient würden, weil Zugkapazitäten fehlen. Die Lieferzeiten waren schon vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine lang. Es ist sowieso wirtschaftlicher Blödsinn, dass der neue Anbieter das Wagenmaterial ersetzen wird. Die bestehenden Züge wurden extra für die Inbetriebnahme des City-Tunnel angeschafft und können noch lange fahren.

Die Zusammenarbeit zweier konkurrierender Bahnunternehmen wird schwierig. Schon jetzt haben Privatbahnunternehmen massive Probleme, wenn sie auf Informationen der DB-Netze oder des Bahnhofsmanagements angewiesen sind. Das dürfte bald auch im S-Bahn-Netz spürbar werden. Außerdem wird das Personal, das dann bei der Länderbahn arbeiten muss, schlechter gestellt sein als bei der Deutschen Bahn. Zwar gibt es auch bei der Länderbahn einen Tarifvertrag, dieser enthält aber deutlich schlechtere Konditionen.

Eine Verbesserung der prekären Verkehrssituation ist nicht zu erwarten, sondern eher das Gegenteil. Die Verkehrsfinanzierung des für die Leipziger Region so wichtigen S-Bahnnetzes muss verbessert und Vergabekriterien müssen dringend korrigiert werden. Schluss damit, dass immer der vermeintlich billigste Anbieter öffentlich geförderte Aufträge erhält! Wir haben wiederholt gefordert, das Vergabegesetz zu ändern. Die Bezahlung sowie Qualitätskriterien – etwa Personaleinsatz und Zuverlässigkeit – müssten an oberster Stelle stehen.“