Nico Brünler: Wer Arbeitskräfte will, muss Arbeit gerecht bezahlen und gute Bedingungen bieten – Linksfraktion diskutiert Lösungen

 

Die Linksfraktion hat heute über den Arbeitskräftebedarf sowie den Strukturwandel in der Automobilindustrie beraten. Zu Gast waren Klaus-Peter Hansen (Bundesagentur für Arbeit), Ulrich Goedecke (Handwerkskammer Dresden) und Manja Sellenthin (DGB Sachsen) sowie zur Automobilbranche Thomas Knabel von der IG Metall. Der wirtschaftspolitische Sprecher Nico Brünler erklärt:

„Wer Arbeitskräfte will, muss Arbeit gerecht bezahlen und gute Bedingungen bieten. Das gilt für alle Branchen, auch wenn beispielsweise Teilzeit- oder Heimarbeit nicht in allen Berufen gleichermaßen umsetzbar ist. Wir können aus gutem Grund niemandem den beruflichen Weg vorschreiben. Es geht nur über praktische und zielgruppengerechte Berufsorientierung an allen Schularten. Darin muss der Staat die Unternehmen unterstützen, vor allem aber die Schul- und Hochschulbildung modernisieren und Wertschätzung für Mangelberufe ausdrücken. Ausbildungen, die nicht von Anfang an ein existenzsicherndes Einkommen bieten, haben es künftig noch schwerer. Die duale Ausbildung ist deshalb ein Schlüsselfaktor, weil sie theoretisches Wissen und praktische Berufsorientierung verzahnen kann. Die Staatsregierung muss sie bekannter und attraktiver machen!

Wir müssen das Vorurteil abbauen, dass eine berufliche Neuorientierung verwerflich sei – ob sie nun während eines Studiums oder mit Mitte 50 erfolgt. Schon deshalb muss der Staat Weiterbildung stärker fördern, etwa mit einem Bildungsfreistellungsgesetz. Vor allem sind jedoch die Unternehmen gefragt, eine Weiterbildungskultur zu entwickeln. Ältere Beschäftigte müssen wertgeschätzt werden, auch wenn ihre formale Qualifikation schon weit zurückliegen mag.

Den Leuten stehen heute mehr berufliche Wege offen, weil Nachwuchs fehlt. Umso wichtiger sind attraktive Rahmenbedingungen wie eine gute Kinderbetreuung, ein gutes Mobilitätsangebot und Teilzeitrechte – aber vor allem Druck für höhere Löhne: Die Staatsregierung muss endlich das Vergabegesetz ändern. Staatliche Aufträge dürfen nur noch an tarifgebundene Unternehmen gehen! Sachsen liegt in puncto Tarifbindung auf dem vorletzten Platz: Lediglich 42 Prozent der Beschäftigten sind durch einen Tarifvertrag geschützt, nur 15 Prozent der Betriebe tarifgebunden.

Wir müssen das Potential derjenigen, die hier leben, sowie das Potential derjenigen, die zu uns kommen, endlich ausschöpfen. Wo schlecht bezahlte Tätigkeiten automatisiert werden, werden Arbeitskräfte verfügbar. Sie müssen freilich in gute Arbeit gebracht und nötigenfalls qualifiziert werden. Klar ist außerdem: Arbeitsverbote für zugewanderte Menschen müssen weg. Die Regierung darf keine Abschreckungskultur kultivieren, sondern sie muss denjenigen deutlich widersprechen, die unser Land abschotten wollen. Sachsen ist ein Einwanderungsland und muss das auch sein – das sollten endlich auch die Ausländerbehörden zu ihrer Arbeitsgrundlage machen.“