Neue Schule braucht das Land!

Neue Schule braucht das Land – Linksfraktion legt Bildungspaket vor

Die Erfahrungen der letzten Monate und Jahre haben den akuten Handlungsbedarf im Bildungsbereich aufgezeigt, nicht nur bei der Bewältigung der Corona-Krise, sondern ganz grundsätzlich. Die Corona-Pandemie hat insbesondere auch die sozialen Schwachstellen von Schule offengelegt und verstärkt. Unter der Überschrift "Neue Schule braucht das Land" - Perspektiven für eine neue Schulkultur in Sachsen hat die Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag ein Bildungspaket aus fünf Anträgen vorgelegt.

Dazu erklärt Luise Neuhaus-Wartenberg, bildungspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion:

„Wir finden, dass gerade jetzt die Chance besteht, über echte Perspektiven für eine neue Schulkultur zu sprechen, weil die Pandemie sehr deutlich gezeigt hat, woran es unserem Bildungssystem mangelt und was darüber hinaus ganz gewaltig schiefläuft. Natürlich müssen auch die pandemiebedingten Lernrückstände bewältigt werden, ohne dabei tiefe Eingriffe in den Schuljahresablauf vorzunehmen oder gar zusätzliche Belastungen während der Schulferien zu schaffen. Parallel dazu müssen die grundlegenden Voraussetzungen für eine neue Lehr- und Lernkultur in Sachsen breit diskutiert und angegangen werden. 

Schule ist keine Rennstrecke: Verstehen braucht Zeit, ebenso Muße, Umwege, Freiräume für Versuch und Irrtum, fürs Ausprobieren. Lernen verträgt sich schlecht mit der Stoppuhr. Schule und Unterricht können und müssen sich wandeln, insbesondere durch neue und zeitgemäße kommunikative Lehr- und Lernpraktiken, durch Selbstorganisation und Eigenmotivation, durch unterrichtsfachgrenzen- und altersstufenübergreifende Behandlung relevanter Themen. Wir haben fünf parlamentarische Initiativen erarbeitet, mit denen wir uns konstruktiv an dieser grundsätzlichen Debatte beteiligen wollen.“

 


 

Das Bildungspaket der Linksfraktion

1. Eine neue Schulkultur:

»Neue Schule braucht das Land« – Perspektiven für eine neue Schulkultur in Sachsen! (Drucksachennummer 7/7005)

Wie nötig eine Reformdebatte ist und wie das Verständnis von Schule in Sachsen aussieht, zeigt der Widerspruch zwischen der praktizierten Bildungspolitik und der Kritik daran aus der Elternschaft. Während die offizielle Bildungspolitik eine recht einseitige Leistungsorientierung vertritt, haben Eltern das Wohl ihrer Kinder im Auge. Sie kritisieren eine »Lehrplanüberfrachtung« mit »einem ›seelenlosen‹ Fakten- und Detailwissen« und zu hohe Anforderungen. So verlangen die Lehrpläne den »Schülerinnen und Schülern am Ende der Sekundarstufe I in methodischer und fachlicher Hinsicht Kenntnisse ab, die eigentlich in ein akademisches Studium gehören«.

Die hohe Unterrichtsbelastung führt dazu, dass »für den Moment und die nächste Klassenarbeit gelernt«, den Schülerinnen und Schülern jedoch »die Freude am Lernen und die experimentelle Neugier, die Motor menschlicher Entwicklung war und ist, genommen« wird. Einschlägige wissenschaftliche Studien bestätigen diese Kritik der Eltern. Die Klagen von Schülerinnen und Schülern über eine zu hohe Belastung im Unterricht sind weniger ein Ausdruck subjektiven Unvermögens als ein Versagen der Schule. Die sog. leistungsfördernden Schulstrukturen und Ansprüche im Unterricht führen zu einer Überforderung der Schülerinnen und Schüler, in deren Folge psychische Probleme bei den Betreffenden auftreten bis hin zur Schulverweigerung.

2. Eine Lehrplanreform:

»Lehrpläne weiterentwickeln – Rahmenlehrpläne einführen« (Drucksachennummer 7/7119)

Rahmenlehrpläne bieten mehr Freiräume für Lehrende und Lernende und eine stärkere Orientierung an den lebensweltlichen Belangen von Schülerinnen und Schülern. Sie verzichten auf eine detaillierte Prozessplanung des Unterrichts und folgen einem relativ offenen Planungsmodus. Die Mitgestaltung des Unterrichts durch die Schülerinnen und Schüler sowie Eigenständigkeit und Selbstregulation beim Lernen spielen eine große Rolle. Der Unterricht ist von vornherein stärker projektbezogen und handlungsorientiert angelegt. Damit entspricht er den Erfordernissen einer modernen Sozial- und Arbeitswelt.

3. Ein Konzept Digitalität in der Schule:

»Wege zu einer zeitgemäßen Bildung unter den veränderten Bedingungen einer Kultur der Digitalität für die Schulen in Sachsen eröffnen!« (Drucksachennummer 7/7120)

In einer Kultur der Digitalität ist Schule nicht mehr nur ein Ort der Wissensvermittlung, sondern auch ein Lernort, an dem Kinder und Jugendliche Bildungserfahrungen gemeinschaftlich sammeln und teilen. Außerdem muss Schule nicht mehr nur an einem Ort stattfinden; es bedarf der Erweiterung analoger und digitaler Räume, in denen Kinder die Freiheit haben, miteinander zu kooperieren und zu kollaborieren, verbunden mit einer vielfältigen und einfach zu wartenden medialen Ausstattung.

4. Ein Erfassen von Lernrückständen:

»Bildungspolitischen Blindflug im Kultusministerium beenden! Lernrückstände und Lernlücken schnellstens erfassen und gezielt schnell Abhilfe schaffen!« (Drucksachennummer 7/7118)

Zu den psychischen und sozialen Auswirkungen gibt es bundesweit erste Studien. In Sachsen fehlt es an verlässlichen und belastbaren Antworten darauf, wie groß die Lernrückstände aufgrund von Schulschließung, Hybrid- und Fernunterricht tatsächlich sind; in welchen Jahrgängen und in welchen Fächern sich die größten Lerndefizite zeigen; inwieweit sich dabei die soziale Herkunft, das Geschlecht und ein Migrationshintergrund ausgewirkt haben; welche Rolle die digitale Ausstattung der Schulen und die Professionalität der Lehrkräfte spielen.

5. Ein kommunales Bildungsmanagement:

»Kommunales Bildungsmanagement stärken – Kommunale Bildungslandschaft für das 21. Jahrhundert fit machen.« (Drucksachennummer 7/7121)

Die Kommunen sind der Ort, an dem die Menschen ihre täglichen Erfahrungen mit dem Bildungswesen machen – vom Kindergarten über die Schule bis hin zur Berufs- und Weiterbildung. Sie sind der Ort, an dem die Menschen leben und ihren Bildungsweg gehen. Als Träger vieler verschiedener Bildungseinrichtungen tragen Gemeinden, Städte und Landkreise eine große Verantwortung. Die Erwartungen der Menschen an bestmögliche, vielfältige und zeitgemäße Bildungsangebote steigen. Bundesweit haben 321 Landkreise und Städte Formen der Zusammenarbeit entwickelt und das kommunale Bildungsmanagement mit dem Ziel, durch Bildung zu integrieren, vorangebracht. Der Bund fördert das kommunale Bildungsmanagement.

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