Wir sind auch in neuen Zeiten die soziale und antifaschistische Opposition – verantwortungsvoll und prinzipientreu
Ministerpräsident Michael Kretschmer hat heute eine Regierungserklärung mit dem Titel „Mutig neue Wege gehen. In Verantwortung für Sachsen“ abgegeben. Außerdem beschloss der Landtag den Konsultationsmechanismus. Wir sagen klar, worauf es uns ankommt.
Auf die Regierungserklärung hat unsere Fraktionsvorsitzende Susanne Schaper das Folgende erwidert:
„Neue Zeiten bringen neue Töne. So haben wir gehört, dass der Ministerpräsident junge Menschen ermutigen und ihnen Wege öffnen will. Bisher hat die CDU jungen Leuten gerne vorgeworfen, sie würden zu sehr auf die Work-Life-Balance achten. Auf die Jugend von heute wird seit mindestens 5.000 Jahren geschimpft. Ich sage: Die jungen Leute sind so, wie wir sie erzogen haben. Sie sind motiviert – wenn man ihnen moderne Bedingungen und Arbeitszeitmodelle bietet. Wenn wir das gemeinsam erkennen, dann stimmt die Richtung.
Noch vor wenigen Jahren hätte ich mir das alles nicht vorstellen können: Ein sächsischer Ministerpräsident von der CDU, der eine ,neue politische Kultur‘ verspricht. Ein Ministerpräsident, der die demokratische Opposition zur Zusammenarbeit einlädt und Die Linke ausdrücklich einschließt. Wir müssen uns alle noch ein bisschen daran gewöhnen. Manche Kollegen von der CDU knirschen jetzt im Schlaf öfter mit den Zähnen. Aber auch in meiner Partei ist manchen noch ein bisschen mulmig zumute. Man könnte sagen: Es ist, wie wenn’s nach oben schneit. Wir gehen davon aus, dass das Angebot des Ministerpräsidenten ehrlich gemeint ist, und wir sind bereit, darauf einzugehen. Am Ende zählen Taten.
Unsere Zeit ist so gefährlich, dass wir als Demokraten zusammenarbeiten müssen. Noch immer tobt ein Krieg in Europa. In Moskau hält schon lange ein skrupelloser Nationalist die Macht in den Händen, der in Washington ist wieder da. Die gescheiterte Ampel-Regierung hat die drängenden Probleme nicht gelöst. Hätte sie investiert, wie viele andere Länder es tun, wäre Deutschland schon fast raus aus der Wirtschaftskrise. Gleichzeitig leiden besonders Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen darunter, dass Lebensmittel, Energie und Mieten so teuer geworden sind. Wir als Linke verstehen uns als eine verantwortungsvolle Opposition, die diese Probleme lösen will. Rechtsaußen sitzt hingegen eine Partei, die nach dem Motto handelt: ,Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für uns!‘ Allen, die es trotzdem noch nicht lassen können, Gegensätzliches gleichzusetzen, ist offenbar einmal zu oft ein Hufeisen auf den Kopf gefallen.
Wir als Linke sagen, was wir tun. Und wir tun, was wir sagen. Wir ziehen uns nach einem schlechten Wahlergebnis nicht in die Schmollecke zurück. Wir sind auch kein Haufen von Opportunisten mit dem Rückgrat eines Baumpythons. Wir sind eine Partei mit unverrückbaren Prinzipien: soziale Gerechtigkeit und Antifaschismus. Wir sind eine Partei, auf die man sich verlassen kann. Mit diesen Grundsätzen gehen wir in die Haushaltsverhandlungen und in das Konsultationsverfahren. Es ist gut, dass die Minderheitsregierung auf unsere Forderungen eingegangen ist: Unsere Beiträge müssen klar erkennbar sein. Zugleich wollen wir ein Verfahren, das es uns ermöglicht, unsere Initiativen einzubringen. Wenn es funktionieren soll – und wir wollen, dass es funktioniert –, dann setzt das Vertrauen voraus – und Vertraulichkeit! Wir werden gute Lösungen mittragen, aber wir werden uns nicht dazu erpressen lassen, die Menschen, die wir vertreten, im Stich zu lassen.
Der Ministerpräsident hat die Bedeutung der Unternehmer hervorgehoben. Wir als Linke schätzen Unternehmerinnen und Unternehmer, die kleine und mittelständische Betriebe aufbauen und durch neue Produkte unser Leben verbessern. Aber es gibt leider auch Leute, die nichts Produktives für unsere Gesellschaft tun und nur den Profit einstreichen, den sie aus der Arbeit anderer ziehen. Wir stehen an der Seite derjenigen, die tatsächlich den Wohlstand unserer Gesellschaft hervorbringen: die arbeitenden Menschen. Ihre Interessen vertreten wir. Das gilt auch für die Haushaltsverhandlungen. Wir müssen schnell die Unsicherheit bei Kommunen, der Zivilgesellschaft und den Unternehmen beenden. Mit aller Kraft werden wir dafür kämpfen, dass es keine Kürzungen im Sozialen gibt, insbesondere nicht in der Bildung, bei der Kinder- und Jugendhilfe und in der Kultur. Wir brauchen Investitionen in unsere Krankenhäuser und in die Infrastruktur. Gerade jetzt bestehen wir auf Maßnahmen gegen die Explosion der Mieten. Es bleibt zudem unser Ziel, dass alle in Würde altern können, ohne wegen der Pflegekosten zum Sozialfall zu werden. Und wir lehnen Kürzungen beim Öffentlichen Nahverkehr ab.
Die ewige Ausrede, es sei leider kein Geld da, akzeptieren wir nicht. Es fließen Milliarden als Subventionen für Großkonzerne, für Steuererleichterungen für Großverdiener und in die Aufrüstung. Gleichzeitig müssen Menschen, die sehr viel Geld einnehmen oder besitzen, keineswegs gerecht zum Gemeinwesen beitragen – das schadet dem Zusammenhalt. Es wird oft behauptet, der Staat dürfe wegen der kommenden Generationen keine Kredite aufnehmen. Wenn wir der Jugend von heute aber ein krankes Land hinterlassen, wird ihnen ein gesund aussehender Haushalt nichts bringen. Diese, unsere Haltung gefällt nicht jedem. Das muss sie auch nicht. Wir sind eine verantwortungsvolle Opposition. Aber wir sind vor allem Opposition, die soziale Opposition. Wo wir der Minderheitsregierung nicht zustimmen können, werden wir auch in Zukunft Nein sagen – und zwar laut und deutlich.
Die jüngsten Ereignisse im Bundestag haben viele Menschen daran zweifeln lassen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der CDU möglich ist. Wir alle waren erschüttert über die Mordanschläge in den letzten Monaten. Aber diese Taten zu nutzen, um ganze Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht zu stellen – das ist einer demokratischen Partei nicht würdig. Diese Taten zu nutzen, um gegen unsere Verfassung und gemeinsam mit der AfD das Asylrecht abschaffen zu wollen – das ist unverantwortlich. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Faschisten bekämpft man nicht, indem man sie kopiert, sondern mit Antifaschismus. Es darf niemals auf die extrem rechten Verfassungsfeinde ankommen, wenn hier im Landtag Mehrheiten entstehen sollen. Sonst ist auch für uns sofort Schluss.
Antifaschismus ist Ehrensache. Antifaschismus ist vielfältig. Faschismus gestern und heute ist der brutale Bruch mit allen menschlichen Werten – seien es nun die christliche Nächstenliebe, die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit oder einfach der grundlegende Anstand. Deshalb ist Antifaschismus nichts exklusiv Linkes. Wenn ,Nie wieder ist jetzt‘ keine Phrase sein soll, darf er nichts exklusiv Linkes sein. Die Geschichte zeigt, dass zur Abwehr des Faschismus alle gesellschaftlichen Kräfte nötig sind. Schon der Anschein, dass dieser notwendige Konsens am 29. Januar beschädigt wurde, ist fatal und hat sehr viele Menschen auf die Straßen gebracht.
Nun hat Michael Kretschmer hat ausgeschlossen, sich mit der AfD einzulassen – wir nehmen ihn beim Wort. Ich danke dem Ministerpräsidenten dafür, dass er auch betont hat, wie wichtig die Erinnerung an die Verbrechen des Faschismus ist. An dem gescheiterten Manöver von Friedrich Merz ärgert mich, dass in den Medien jetzt wieder nur noch über die AfD geredet wird und nicht über die sozialen Probleme, die die Menschen wirklich bewegen. Wir machen dabei nicht mit. Wir sprechen darüber, dass es in Deutschland einen Mietenstopp geben muss. Wir fordern die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, um Menschen mit geringem Einkommen das Leben leichter zu machen. Wir verlangen, diejenigen stärker zu belasten, denen das nicht weh tut – etwa mit einer Vermögensteuer. Für diese Ziele wird Die Linke als soziale Opposition weiterkämpfen, hier im Landtag und auch im nächsten Bundestag.“
Zum Konsultationsmechanismus sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin Luise Neuhaus-Wartenberg:
„Das Wahlergebnis hat mit vielen politischen Gewissheiten in Sachsen kurzen Prozess gemacht. Erstmals gelang es nicht, unter Ausschluss der extremen Rechten eine Mehrheitsregierung zu bilden. Wochenlang wurde hart darüber verhandelt, wie die Staatsregierung künftig Mehrheiten für ihre Vorhaben bekommt.
Gemeinsam demokratische Prozesse zu bestreiten, die Stimmen von Regierung und der demokratischen Opposition brauchen, fordert allen viel ab. Wir werden neue Wege miteinander zu gehen haben, Positionen diskutieren müssen. Wir wollen das Wohl der Bevölkerung ins Zentrum stellen, ohne uns den morgendlichen Blick in den Spiegel zum Feind zu machen. Die Versuchungen, an denen solche Prozesse scheitern können, sind ersichtlich. Wenn es im Landtag nach politischen Erpressungsszenarien wie im Bundestag auch nur zu riechen begänne, wären Grenzen überschritten.
Eine neue politische Kultur beginnt mit dem Einfachen, das schwer zu machen ist: zu sagen, was man denkt und zu tun, was man sagt. Was herauskommt, wenn man es anders hält, hat die Wahl des Ministerpräsidenten gezeigt. Die AfD ist der parlamentarische Arm der extremen Rechten. Sie lebt vom Geschäft mit der Angst und dem Stiften von Chaos. Es darf nie auf sie ankommen. Der Aufstieg der extremen Rechten in der Weimarer Republik wäre sicherlich aufhaltbar gewesen, wenn sich die Demokratinnen und Demokraten im Angesicht der Bedrohung einig gewesen wären. Wenn die Demokratinnen und Demokraten nicht aus ihrer Haut können, siegt der Wahn.
Dass wir als Partei und verantwortungsvolle Opposition teils deutlich andere Vorstellungen haben als die eine oder der andere auf der Regierungsbank, ist klar. Wir verlassen uns bei der Zustimmung zum prälegislativen Konsultationsmechanismus auf die Zusage, dass der legislative Mechanismus, den wir derzeit aushandeln, tatsächlich kommt. Es bedarf eines geregelten Verfahrens, damit auch Initiativen der demokratischen Opposition Mehrheiten erhalten. Das erfordert Augenhöhe und Offenheit für Argumente. Wir sehen uns nicht als Bittsteller, sondern als Teil vernünftiger Lösungen. Das ist nicht staatstragend, sondern demokratietragend. Wir bleiben Opposition, auch wenn wir mitgestalten. Wer etwa zulasten der Schwächsten kürzt, wird uns auch künftig zum politischen Gegner haben.“