Lehren aus Katalonien: Mitbestimmungs-Lücken schließen

Zur aktuellen Situation in Katalonien erklärt der sorbische Abgeordnete und Minderheitenrechtsexperte der LINKEN im Sächsischen Landtag, Heiko Kosel:

 

Nicht mit staatlicher Repression, sondern nur durch eine sensible, den Dialog suchende und respektvolle Politik gegenüber ethnischen Minderheiten von Seiten der EU und ihrer Mitgliedsstaaten können Konfliktverschärfungen vermieden und eine integrative Minderheitenpolitik entwickelt werden. Dies liegt auch im allgemeinen Stabilitätsinteresse.

 

Für die EU bedeutet das, dass sie die bereits vor mehr als vier Jahren von Mitgliedern der „Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten“ (FUEN) gestartete europäische Bürgerinitiative „Minority Safe Pack“ endlich pro-aktiv begleiten und ein entsprechendes Urteil des europäischen Gerichtes vom 03.02.2017 umsetzen muss. Mit Blick auf die 1993 von der EU in den „Kopenhagener Kriterien“ von den osteuropäischen Beitrittskandidaten geforderte Einhaltung von Minderheitenrechten gibt es auch in Deutschland mit vier rechtlich anerkannten nationalen Minderheiten eine herausragende Verantwortung, dafür ist u.a. folgendes zu tun:

 

1. Erarbeitung bundespolitischer Grundsätze der Minderheitenpolitik, die unter Fortsetzung der Debatten der „Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat“ von 1992/93 zur Aufnahme eines Minderheitenschutzartikels in das Grundgesetz führen.

2. Schließung von Demokratie- und Mitbestimmungslücken bei den hiesigen nationalen Minderheiten durch folgende Maßnahmen:

a) rechtliche und faktische Absicherung der aktuell vorbereiteten Wahl einer demokratisch legitimierten Vertretung der Sorben

b) Verbandsklagerecht für die Domowina nach Brandenburger Beispiel auch in Sachsen und im Bund

c) bei Kultur- und Bildungsfragen Übergang vom bloßen Anhörungstreff zum realen Mitentscheidungsrecht

3. Nachdem bereits 4 Initiativen aus Bundestag und Bundesrat unternommen wurden, nunmehr endlich Ratifizierung des ILO-Übereinkommens (169) über die Rechte indigener Völker

4. Stärkung des Schulwesens bzw. der Bildungschancen der ethnischen Minderheiten, z.B. gegen  Schulschließungen und Lehrermangel durch eine Mitverantwortung des Bundes (Thema im Zusammenhang mit der Debatte um Aufhebung des Kooperationsvereinbarungsverbotes)

5. unverzügliche Beendigung respektloser Politikansätze wie die wiederholte straflose Hinnahme der Beleidigung von Sinti und Roma durch NPD-Plakate oder die seit über 10 Jahren andauernde Verweigerung der korrekten Schreibweise sorbischer weiblicher Familiennamen.