Luise Neuhaus-Wartenberg: Alle Kinder sollen alles erreichen können – Sachsen muss sein Schulsystem modernisieren

Zur Debatte „Fürs Leben lernen statt für Klausuren! Mit dem Prozess ‚Bildungsland Sachsen 2030‘ neue Wege wagen“ erklärt Luise Neuhaus-Wartenberg, Sprecherin der Linksfraktion für Bildungspolitik:

„Wir müssen wir eine einzige Frage beantworten: Wie sorgen wir dafür, dass kein Kind zurückbleibt, sondern alle Kinder alles erreichen können? Viele Antworten sind nötig: Das fängt bei modernen Schulbauten an, hört damit aber nicht auf. Wir müssen das Lehramtsstudium verändern, damit mehr Lehrkräfte es abschließen und besser darauf vorbereitet sind, die jungen Menschen ihrerseits auf die Zukunft vorzubereiten, die sich schneller wandelt als je zuvor. Wir müssen die Arbeitsbedingungen verbessern, damit der Lehrberuf attraktiv wird und Lehrkräfte ihrer Kernaufgabe nachgehen können, statt gleichzeitig Psychologen, Sozialarbeiter und IT-Sachverständige sein müssen. Wir müssen überlegen, ob ein Schulsystem, dessen Grundstruktur aus dem alten Preußen stammt, noch taugt – zumal es so viele junge Menschen ohne Abschluss entlässt.

Während der Ausschussreise des Bildungsausschusses in Estland stand ich das eine oder andere Mal sprachlos da, weil wir dort gehört und gesehen haben, was möglich ist. Dort gehen Kinder gerne in die Schule und lernen bis Klasse 9 gemeinsam. Sie dürfen scheitern ohne sitzen zu bleiben. Rahmenlehrpläne öffnen Freiraum für die Schulen und ihre Lehrkräfte, neue Wege zu gehen. Digitale Bildung ist selbstverständlich. Bei uns hingegen hängt es bisher vom Zufall ab, ob ein Kind eine gute Schulzeit hat: Vom Zufall, in welche Familie es hineingeboren wird. Vom Zufall, ob die Eltern auf eine Schulform bestehen. Vom Zufall, in welchem Bundesland es wohnt. Vom Zufall, in welche Schule es kommt. Vom Zufall, welche Lehrkräfte es hat. Vom Zufall, ob es dort den Abschluss schafft. Vom Zufall also, ob es schon zum Beginn überhaupt eine gute Zukunft hat. Wir schaffen mehr Sicherheit für alle Kinder, wenn unser Schulsystem mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt hält.

Es kann nicht darum gehen, möglichst schnell möglichst viel Wissen einzutrichtern, denn Wissen ist ständig verfügbar. Schule muss dazu befähigen, Wissen selbstständig zu erwerben und anzuwenden. Wir wollen mündige junge Menschen, die Fragen in Eigeninitiative bearbeiten, selbst über ihre Anliegen entscheiden und Krisen bewältigen können. Sachsen muss an modernen Unterrichtskonzepten arbeiten, wie sie an Gemeinschaftsschulen bereits umgesetzt werden. Die Hürden für das längere gemeinsame Lernen müssen sinken!"