Rico Gebhardt, Klaus Bartl: Innenminister Schuster will die parlamentarische Kontrolle lahmlegen - Linksfraktion klagt vorm Verfassungsgericht

Mit einer Mitte Dezember 2023 eingereichten Großen Anfrage wollte die Linksfraktion herausfinden, wie der Freistaat Meldedaten nutzt und welche Vorkehrungen er trifft, um sie zu schützen (Drucksache 7/15137). Mit Schreiben von Mitte Februar 2024 teilte der für den Umgang mit Meldedaten verantwortliche Innenminister Armin Schuster allerdings mit, dass die Staatsregierung die Beantwortung komplett verweigert. Da ein vom Landtagspräsidenten vorgeschlagenes und moderiertes Vermittlungsgespräch am Rande der Mai-Plenarsitzung gescheitert ist – die CDU-Kabinettsmitglieder Armin Schuster und Thomas Popp gaben an, kein Verhandlungsmandat zu haben - hat die Linksfraktion beim Sächsischen Verfassungsgerichtshof einen Antrag eingereicht. Sie will im Rahmen eines Organstreitverfahrens feststellen lassen, dass das Innenministerium die parlamentarische Opposition in ihren Rechten verletzt hat, indem es die Antwort verweigerte.

Die Große Anfrage ist nur auf den ersten Blick sehr umfangreich: Sie richtet denselben überschaubaren Fragekomplex an alle relevanten Ämter, Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen. Diese Adressaten sind so zahlreich, weil das Innenministerium sie per Meldeverordnung damit betraut hat, regelmäßig Meldedaten zu verarbeiten. Hintergrund sind auch Missbrauchsfälle aus anderen Bundesländern, in denen etwa Polizeibeamte mit zweckwidrigen Abfragen auffielen. Zugriffe auf Meldedaten werden kaum kontrolliert.

Der Vorsitzende und rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Rico Gebhardt, erklärt:

„Wir wehren uns juristisch dagegen, dass das Innenministerium in einem wichtigen Themenbereich die parlamentarische Kontrolle lahmlegen will. Aus unserer Sicht versucht Innenminister Armin Schuster in verfassungswidriger Weise, in die Rechte des Landtages einzugreifen. Wo kämen wir aber hin, wenn plötzlich die Regierung bewerten dürfte, welche Anfragen das Parlament stellen darf? Die Landtagsverwaltung hat unsere Anfrage als zulässig bewertet, sonst wäre sie gar nicht ins Verfahren gegangen. Wir hatten jeweils etwa 30 Fragen an alle relevanten öffentlichen Stellen gerichtet, vom Staatsbetrieb Sächsische Informatik Dienste bis zu den Staatsanwaltschaften. Die Regierung des Landes Sachsen-Anhalt hatte kein Problem damit, ihrer Pflicht nachzukommen: Die dortige Linksfraktion hatte eine ähnlich hohe Zahl an Fragen zum Umgang mit Meldedaten eingereicht, die sämtlich beantwortet worden sind. Dass sich Innenminister Schuster davon überfordert sieht, deren Beantwortung zu koordinieren, spricht Bände.

Die Staatsregierung hätte problemlos eine Fristverlängerung beantragen können - diese haben wir bisher bei allen Großen Anfragen zugestanden. Stattdessen hat das Innenministerium zwei Monate lang nichts getan und mit fadenscheinigen Begründungen die Antwort verweigert. Dieser Vorgang ist in der bisherigen Landtagsgeschichte einmalig.“

Der Rechtsanwalt Klaus Bartl, der die Linksfraktion vertritt, fügt hinzu:

„Das durch Artikel 51 der Sächsischen Verfassung geschützte Frage- und Auskunftsrecht des Landtages und seiner Abgeordneten ist eine wesentliche Voraussetzung, die im Rahmen der Gewaltenteilung dem Parlament übertragene Kontrolle der Regierung wahrzunehmen. Auf eine parlamentarische bzw. Große Anfrage, die nach der Geschäftsordnung nur in Angelegenheiten von erheblicher oder grundsätzlicher politischer Bedeutung eingebracht werden dürfen, jede inhaltliche Antwort zu verweigern, stellt sich im Maßstab der bisher vorliegenden Rechtsprechung zum Fragerecht schlicht als ein eklatanter Verfassungsverstoß dar. Dass die Linksfraktion dies vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof in Leipzig klären lässt, liegt letztlich im Interesse des gesamten Parlaments und seiner Autorität - schon wegen der Wiederholungsgefahr!“