Rico Gebhardt: Verstehe die Forderung der Winzergenossenschaft Meißen nach Schadensersatz – Genossenschaften fördern!
Das Bundesverwaltungsgericht hat das 2016 erteilte Verkehrsverbot für sächsische Weine, in denen Rückstände von Dimethoat nachgewiesen worden waren, für rechtswidrig erklärt. Dimethoathaltige Pflanzenschutzmittel waren für den Weinbau in Deutschland nicht zugelassen, die EU hatte deren Einsatz bis zu einem Grenzwert von 0,02 mg/kg jedoch erlaubt. Dieser Grenzwert war nicht überschritten. Das Gericht argumentiert, dass das EU-Recht das Bundesrecht überlagere, was der Landkreis Meißen missachtet habe. Die betroffene Winzergenossenschaft Meißen hat angekündigt, den dadurch entstandenen Schaden einklagen zu wollen. Dazu sagt der Linksfraktionschef Rico Gebhardt:
„Nach vielen Jahren hat die Winzergenossenschaft Meißen endlich Gewissheit: Es war nicht notwendig, so viel Wein zu vernichten. Für die Genossenschaft, die als solidarische Wirtschaftsorganisation nicht auf maximalen Profit aus ist und kaum Rücklagen bilden kann, war der ,Wein-Skandal‘ ein herber Schlag. Wir hatten im April 2016 im Landtag ,Finanzielle Soforthilfen für die von Insektizid-Belastungen im Wein betroffenen 14 Winzerinnen und Winzer‘ gefordert, um die ,Gefährdung für den Fortbestand des Weinbaugebietes Meißen abzuwenden‘ (Drucksache 6/4780). In der Plenardebatte hatte der Grünen-Abgeordnete Wolfram Günther – heute Umweltminister – Soforthilfen abgelehnt, ,und zwar aus grundsätzlichen, ordnungspolitischen Erwägungen heraus‘.
Auf Initiative des Verbraucherschutzministeriums – damals geführt von der CDU-Sozialministerin Barbara Klepsch – war die Nachweisgrenze für Dimethoat auf 0,01 mg pro Kilogramm Trauben abgesenkt worden, ohne Begründung und obwohl das EU-Recht Vorrang genoss. Wir gehen daher von einer Haftung des Freistaates für den eingetretenen Schaden aus. Das Informationsversagen der Behörden vergrößerte den wirtschaftlichen Schaden. Ich kann es verstehen, dass die Genossenschaft jetzt auf Schadensersatz klagen will, und rate der Staatsregierung, im Sinne des Weinfriedens, den erwiesenermaßen angerichteten Schaden ohne weitere juristische Spreizübungen schnell und unbürokratisch zu ersetzen.
Die Zukunft der Winzergenossenschaft darf auch durch mögliches Fehlverhalten Einzelner nicht gefährdet werden. Die Genossenschaft vereint 1.500 Winzerinnen und Winzer und bewirtschaftet ein Drittel des sächsischen Anbaugebietes.“
Hintergrund
Durch Medienberichte vom 28. Januar 2016 wurde erstmals bekannt, dass bereits in der Weinlesezeit im September 2015 der Wirkstoff Dimethoat – laut der Landesuntersuchungsanstalt als „Zufallsfund aus einer regulären Stichprobe“ – festgestellt worden war. Im Januar 2016 wurden davon betroffene Weine gesperrt und etwa 15.000 Liter Goldriesling sowie Müller-Thurgau in einem Weingut, das betroffene Trauben aus dem Jahr 2015 bereits verarbeitet hatte, entsorgt. Weitere Weine weiterer Jahrgänge mussten aus dem Verkauf genommen werden, was einen großen finanziellen Schaden bedeutete. Staatliche Hilfe unterblieb, obwohl die Behörden träge handelten: Nach den Traubenproben vom 10. September 2015 und deren Untersuchung ab dem 15. September 2015 dauerte es bis zum 21. Oktober 2015, bis erste Ergebnisse vorlagen. Diese wurden offensichtlich allein der betroffenen Weinkellerei mitgeteilt. Die Winzergenossenschaft erfuhr erst durch die Medienberichte Ende Januar 2016 von der möglichen Dimethoat-Verunreinigung und konnte erst spät reagieren – das verursachte noch höhere Folgekosten.