Rico Gebhardt: Wahlen vereinfachen – 15 Mehrpersonenwahlkreise statt 60 Einzelwahlkreise

Zur heutigen Landtagssitzung hat die Fraktion DIE LINKE ihr „Gesetz zur Vereinfachung der Wahlen zum Sächsischen Landtag und zur Stärkung der regionalen Repräsentanz der Wahlkreise“ (Drucksache 7/11485) vorgestellt. Dazu erklärt Rico Gebhardt, Vorsitzender der Linksfraktion im Sächsischen Landtag:

„Der Gesetzentwurf ist eine Reaktion auf den aktuellen „Bericht der Wahlkreiskommission für die 7. Wahlperiode des Sächsischen Landtages“. Die Wahlkreiskommission schlägt darin drei Varianten zum Neuzuschnitt der Einzelwahlkreise im Freistaat Sachsen vor. Da aus Sicht der Linksfraktion alle drei Varianten suboptimal sind, legt sie dem Landtag einen eigenen Gesetzentwurf zur Vereinfachung des Wahlrechts und zur Stärkung der regionalen Repräsentanz der Wahlkreise vor.

Das grundlegende Dilemma des bisherigen Systems der Einzelwahlkreise besteht darin, dass entweder Wahlkreise gebildet werden müssen, die über keinen wirklichen räumlichen und politischen Zusammenhang verfügen und willkürliche Gebilde sind, mit denen man sich nicht identifiziert, oder dass Abweichungen von der durchschnittlichen Wahlkreisgröße in Kauf genommen werden müssten, die nach geltender Rechtsprechung nicht hinnehmbar sind. Anderseits garantieren Einzelwahlkreise angesichts der heutigen Auffächerung und Verteilung des politischen Spektrums auch keinerlei wirkliche politische Repräsentativität.

Unser vorgeschlagenes System von Mehrpersonenwahlkreisen garantiert eine praktisch durchgängige Wahlkreisstabilität und eine echte räumliche und politische Zusammengehörigkeit der Wahlkreise. Die Wahlkreisgeometrie wird nachhaltig überflüssig. Die Anpassung an demographische Entwicklungen erfolgt ausschließlich über die Stimmenabgabe.

Der Gesetzentwurf sieht 80 direkt gewählte Abgeordnete in 15 Mehrpersonenwahlkreisen vor (zwischen 4 und 7 pro Wahlkreis). Die Landkreise und die Kreisfreie Stadt Chemnitz bilden dabei je einen Wahlkreis. Die Kreisfreien Städte Dresden und Leipzig bilden je zwei Wahlkreise). Jede Partei und jede Wählervereinigung kann nach dem vorgelegten Gesetzesvorschlag künftig pro Wahlkreis bis zu sechs Bewerber:innen benennen. Wähler:innen können künftig mit der Direktstimme (Erststimme) nicht nur eine Auswahl zwischen den Bewerber:innen verschiedener Parteien, sondern auch zwischen unterschiedlichen Bewerber:innen der favorisierten Partei treffen. Das schafft mehr Wahlmöglichkeit für die Wähler:innen, wie es bei den sächsischen Kommunalwahlen bereits möglich ist.

Darüber hinaus ermöglicht die vorgeschlagene Neuregelung über die Aufstellung von Wahlkreislisten den Parteien künftig auch eine freiwillige Geschlechterparität auf der Wahlkreisebene. Der Gesetzesentwurf ist damit ebenso geeignet, den Frauenanteil im Sächsischen Landtag zu erhöhen.“

intergrund: Der „Bericht der Wahlkreiskommission für die 7. Wahlperiode des Sächsischen Landtages“ (Drucksache 7/9695) schlägt drei Varianten zum Neuzuschnitt der Einzelwahlkreise im Freistaat Sachsen vor. Variante 1 wirkt sich vor allem hinsichtlich der Wahlkreisstabilität aus. Sie vollzieht nur die aus demographischer Sicht unbedingt notwendigen Veränderungen. Bei dieser Variante gewinnt die Stadt Leipzig einen Wahlkreis und der Vogtlandkreis verliert einen (in beiden Gebietskörperschaften erfordert das einen Neuzuschnitt aller Wahlkreise), in den Landkreisen Erzgebirge, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und Bautzen werden nur einzelne Gemeinden bzw. Verwaltungsgemeinschaften neu den Wahlkreisen zugeordnet.

In Variante 2 wird die Zahl der Wahlkreise von 60 auf 51 reduziert, um die Wahlkreis-größen in etwa wieder den Ausgangswerten von 1994 anzupassen. Das führt aber zu weitreichenden Folgen. So müsste das Wahlgesetz dahingehend geändert werden, dass die Parität zwischen Wahlkreismandaten und Listenmandaten (60:60) zugunsten eines Verhältnisses von 51:69 aufgegeben wird. Das Gewicht der regionalen Vertretung durch Wahlkreisabgeordnete würde deutlich zurückgehen. Diese Variante minimiert die Wahrscheinlichkeit von Überhang- und Ausgleichsmandaten.

Variante 3 optimiert unter Beibehaltung von 60 Wahlkreisen dahingehend, dass bei der prognostizierten demographischen Entwicklung in den nächsten beiden Wahlperioden keine Anpassungen mehr notwendig werden. Der Preis dafür ist ein das gesamte Land erfassender umfangreicher Neuzuschnitt der Wahlkreise.