Stefan Hartmann befürchtet falsche Prioritäten in der Umwelt- und Landwirtschaftspolitik - Betriebswirtschaft nicht auf Platz 1!

In einem Interview mit der Bauernzeitung erklärt der Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, Georg-Ludwig von Breitenbuch (CDU), er wolle „mit dem Blick aus der Bewirtschaftung heraus eine gute Umweltpolitik machen“. Im Koalitionsvertrag der Minderheitsregierung aus CDU und SPD heißt es: „Bei allen behördlichen Entscheidungen sollen die betrieblichen Notwendigkeiten deutlich stärker berücksichtigt werden.“ Stefan Hartmann, in der Linksfraktion zuständig für Wirtschaft, Umwelt und Klima, erklärt:

„Ich befürchte falsche Prioritäten. So viel Verständnis ich dafür habe, dass der Staatsminister so denkt - er ist ja selbst Unternehmer: In Zeiten des ökologischen Notstandes dürfen wir betriebswirtschaftliche Interessen nicht an die erste Stelle setzen. Wir sollten wirtschaftlichen Fortschritt anstreben - im Rahmen der ökologischen Grenzen und im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit. Darauf werden wir als Linke dringen.

Diese Grenzen lassen immer weniger Spielraum, wenn wir unsere Lebensgrundlagen erhalten wollen. Zu deren Schutz ist auch die sächsische Staatsregierung verpflichtet. Schon beim Thema Wasserhaushalt zeigt sich, wie groß die Schutzaufgaben sind: Seit 2018 verzeichnet der Freistaat einen historisch schlechten Waldzustand mit nie dagewesenen Schäden. Ein Drittel der Bäume ist deutlich geschädigt, nur ein Fünftel ohne erkennbare Schäden. Die Land- und Forstwirtschaft erleidet enorme Verluste infolge der Trockenheit. Die landwirtschaftlichen Betriebe wollen daher immer mehr Wasser entnehmen. Gleichzeitig sinken die Grundwasserstände, viele Oberflächengewässer führen Niedrigwasser, hinzu kommen Verschmutzungen. Ganze sieben Prozent der sächsischen Fließgewässer sind in einem guten ökologischen Zustand.

Auch wegen des Gewässerschutzes ist eine Landwirtschaft nötig, die ihre gemeinwohlorientierte Versorgungsfunktion sichert statt auf global wettbewerbsfähige Warenproduktion zu setzen. Die vorherige Landesregierung hat regionale Erzeugung und Verarbeitung sowie den ökologischen Landbau gefördert. Das muss weitergehen Unsere Landwirte verdienen ein Agrarstrukturgesetz, das sie vor Bodenspekulation und Landgrabbing durch landwirtschaftsfremde, profitorientierte Akteure schützt.

Gesunde, leistungsfähige Böden sind neben Wasser und Saatgut die zentrale Produktionsgrundlage der Landwirtschaft, sie sind wichtige Kohlenstoffspeicher und unverzichtbar für den Wasserhaushalt. Wir wünschen uns mehr Anstrengungen zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und wollen die Bodenversiegelung sowie den Pestizideinsatz deutlich verringern. Bedrohlich ist nicht zuletzt das Artensterben, das wir nicht hinnehmen dürfen. Über zwei Drittel der EU-relevanten Arten und knapp 70 Prozent der Lebensräume in Sachsen sind in einem ungünstigen oder schlechten bis unzureichenden Erhaltungszustand. Wir wollen nicht Naturschutz um seiner selbst willen, sondern weil wir zum Leben und Wirtschaften Grundlagen brauchen!“