Susanne Schaper: 80 Jahre nach Kriegsende sollte der Tag der Befreiung endlich zum Gedenktag werden
Die Linksfraktion bringt heute ihren ersten Gesetzentwurf dieser Wahlperiode ein: Der 8. Mai soll als „Tag der Befreiung von Nationalsozialismus und Krieg“ neben dem Volkstrauertag und dem Totensonntag ein staatlicher Gedenk- und Trauertag werden (Drucksache 8/652). Im kommenden Jahr jährt sich das Kriegsende zum 80. Mal.
Dazu erklärt Linksfraktionschefin Susanne Schaper:
„Die Minderheitskoalition hat eine ,neue politische Kultur‘ versprochen - Vorschläge der demokratischen Oppositionsfraktionen sollen nicht mehr blind zurückgewiesen werden. Wenn es einen Vorschlag gibt, der bei allen Demokratinnen und Demokraten auf Zustimmung stoßen kann, dann doch wohl den, den 8. Mai zum Gedenktag zu erklären. Wir schlagen bewusst keinen Feiertag vor, damit niemand die kleinliche Ausrede nutzen kann, ein solcher koste die Wirtschaft Geld. Auch ein Gedenktag ist ein würdiger Rahmen, um an das Leid zu erinnern, das Faschismus und Krieg über die Welt gebracht haben.
Mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht am 1. September 1939 auf Polen begannen dunkle Jahre für Europa und die ganze Welt. Gemeinsam mit seinen Verbündeten, dem faschistischen Italien und dem kaiserlichen Japan, machte Hitler den europäischen Krieg zu einem Weltkrieg, der auch in Afrika und Asien tobte. Man kann nur schätzen, wie viele Menschen ihr Leben verloren haben. Zahlen sind nicht imstande, das unermessliche Leid auszudrücken, das dieser fürchterlichste aller Kriege der Geschichte verursacht hat. Im seinem Schatten ermordeten Deutsche in Zusammenarbeit mit faschistischen Kräften in ganz Europa sechs Millionen Jüdinnen und Juden und viele weitere Menschen - ein grausamer, industriell organisierter Völkermord ohne Gleichen in der Geschichte.
Es gibt viele Gründe dafür, dass Deutschland in den Abgrund des Nationalsozialismus marschierte: die Fehler der Weimarer Verfassung; die Weltwirtschaftskrise, die von einem entfesselten Kapitalismus verursacht wurde; die Anfälligkeit vieler Deutscher für nationalistische und antisemitische Propaganda. Ein Grund war aber auch die Uneinigkeit der politischen Parteien: Bürgerliche Kräfte gaben sich der Illusion hin, die Nazis ,einrahmen‘ und für ihre Zwecke einspannen zu können. Aber auch die wechselseitige Feindschaft der kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeiterbewegung verhinderte ein wirksames Vorgehen gegen die faschistische Gefahr. Ein solches Versagen darf sich nicht wiederholen!
In vielen Ländern finden faschistische Bewegungen wieder Resonanz oder sind sogar erneut an der Macht. In anderen Ländern toben aufs Neue schreckliche Kriege, die unschuldigen Menschen das Leben und ganzen Völkern die Zukunft rauben. In solchen Zeiten ist es aus unserer Sicht unbedingt notwendig, die Erinnerung an die Schrecken von Faschismus und Krieg wachzuhalten. Das gilt umso mehr, als inzwischen nur noch wenige Zeitzeugen am Leben sind, die von ihren Erlebnissen erzählen können.“