Susanne Schaper, Juliane Nagel: Konservative dürfen nie wieder Faschisten den Steigbügel halten - Merz muss Kanzler für alle sein
Zur Debatte auf Antrag der Linksfraktion „Rechtsradikale bedrohen mehr als das Stadtbild - gemeinsam die Menschenrechte verteidigen“ sagt die Fraktionschefin Susanne Schaper:
„Friedrich Merz hat getönt, noch vor der Sommerpause würden die Deutschen spüren, dass es aufwärts geht. Das war wohl nichts! Der Kanzler und seine Regierung haben stattdessen Angst und Wut noch gesteigert. Menschen, die keine Arbeit haben, fürchten nach der Abschaffung des Bürgergeldes, in Armut und Obdachlosigkeit zu stürzen. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wurden durch Rufe nach dem Ende des Pflegegrades 1 verunsichert. Junge Menschen sorgen sich, ob sie zwangsweise zum Militärdienst eingezogen werden.
Merz hat versprochen, dass er die AfD halbieren wird - tatsächlich hat er sie gestärkt. Wenn ein Bundeskanzler einen ähnlichen Ton anschlägt wie die extreme Rechte, dann normalisiert er deren Positionen. Zurecht gehen Menschen gegen das Gerede über das ,Stadtbild‘ auf die Straße. Statt Bundeskanzler aller Deutschen zu sein, grenzt Merz große Teile der Bevölkerung aus. Auch von Anständigen aus der CDU kam Kritik daran und ich bin dankbar dafür. Sie haben begriffen, dass der Gründungskonsens der CDU aus dem Wissen erwachsen ist, dass Konservative nie wieder Steigbügelhalter von Faschisten sein dürfen.
Selbstverständlich müssen sich alle Menschen ohne Angst in der Öffentlichkeit bewegen können. Aber: Gewalt hat keine Nationalität, keine Religion und keine Hautfarbe. Gerade in Sachsen sind es oft extrem Rechte, die andere bedrohen, verletzen oder sogar töten. Das macht mir Sorgen, wie manch anderes Stadtbild - geschlossene Geschäfte, geschlossene Kneipen, geschlossene Jugendhäuser. Ich sehe junge Leute, die mangels Alternative auf der Straße rumhängen. Ich sehe Obdachlose in der Kälte. Ich sehe alte Menschen, die Pfandflaschen aus Mülleimern ziehen. Es gibt keine Sicherheit ohne soziale Sicherheit! Nur wenn niemand ausgegrenzt wird und in Armut fällt, werden wir friedlich zusammenleben.
Faschisten profitieren, wenn eine Regierung nichts gegen Teuerung unternimmt und die Menschen im Stich lässt. Diese Probleme zu lösen wäre ein Weg, um die AfD in den Umfragen zu halbieren. Wir sind bereit, mit allen demokratischen Parteien daran zu arbeiten, dass Faschisten kurzfristig von der Macht ferngehalten werden und ihnen langfristig der Nährboden entzogen wird.“
Juliane Nagel, Sprecherin für antifaschistische Politik, fügt hinzu:
„Vor 15 Jahren wurde der damals 19-jährige Kamal Kilade beim Leipziger Hauptbahnhof von zwei Männern attackiert. Er verstarb an den Verletzungen. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass Kamal sterben musste, weil die Täter aus dem organisierten Neonazispektrum einen Ausländer für nicht lebenswert hielten. Kamal gehörte für sie nicht nur nicht ins Stadtbild, sondern nicht zu dieser Gesellschaft. Er ist eines von mindestens 18 Todesopfern rechter Gewalt in Sachsen, von denen nur 11 offiziell anerkannt sind.
Rechte Jugendkultur, Einschüchterung, Gewalt - das ist für viele Menschen in Sachsen Realität, auch im öffentlichen Raum. Die Baseballschlägerjahre scheinen zurückzukehren. Etwa bei Christopher Street Days sind Hasskommentare und rechtsradikale Mobilisierung nicht weit. Unsichtbar sind aber viele rassistische Anfeindungen, die Menschen ertragen müssen, die äußerlich nicht dem Zerrbild des Deutschseins entsprechen. Sie hat der Bundeskanzler pauschal in den Negativfokus gerückt. Auch weil die CDU in vielen Kommunen keine Scheu hat, mit der AfD gemeinsame Sache zu machen, ist das eine Ermutigung von Neonazis und eine Entmutigung für Betroffene. Protest ist wichtig!“

