Linksfraktion bleibt der Feierstunde am 3. Oktober fern – Rico Gebhardt, Luise Neuhaus-Wartenberg: Vaatz versöhnt nicht, er spaltet

 

Landtagspräsident Matthias Rößler hält an seiner Einladung an den CDU-Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz als Festredner im Landtag zum Tag der Deutschen Einheit fest. Die Linksfraktion hat deshalb heute beschlossen, dass sie der Veranstaltung geschlossen fernbleiben wird. Der Vorsitzende Rico Gebhardt erklärt:

„Herr Vaatz kann nach Belieben seine Meinung sagen – aber die Meinungsfreiheit gibt niemandem das Recht, seine Meinung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu äußern. Die Meinungsfreiheit begründet auch kein Recht darauf, angehört zu werden. Ich halte Arnold Vaatz nicht für eine geeignete Persönlichkeit, um an diesem Tag und an dieser Stelle das Wort zu ergreifen. Der Landtagspräsident hat dem Ansehen des Parlaments mit seiner Einladung einen Bärendienst erwiesen – Parteipolitik und persönliche Gefallen gingen offenbar vor. Nun muss sich der Parlamentspräsident fragen lassen, ob er das richtige Signal setzt, wenn nur CDU und AfD einen Festredner für angemessen halten und ihm zuhören.

Es soll offensichtlich eine Feierstunde nach dem Geschmack der sächsischen CDU werden, die erneut den Blick allein auf 1989/1990 und eher nicht auf ihr Handeln in den 30 Jahren danach richten wird. Wir sind aber nicht scharf darauf, uns in einem Nebel der Selbstbeweihräucherung weitere krude Thesen eines Festredners anzuhören, der sich längst ins politische Abseits manövriert hat.“

Luise Neuhaus-Wartenberg, die in der Linksfraktion zuständig für das Thema Osten und gleichzeitig auch Dritte Landtags-Vizepräsidentin ist, fügt hinzu:

„Der SPD-Abgeordnete Frank Richter wies im Juni im Landtag zu Recht darauf hin, dass es nach 30 Jahren vor allem um gegenseitige Aufklärung und Versöhnung gehen muss, nicht um das Schüren weiteren Grolls. Von Arnold Vaatz erwarten wir dazu keinen tauglichen Beitrag.

Der Osten braucht 30 Jahre nach der Einheit eine selbstkritische und ehrliche Bilanz des Erreichten und Unerreichten, einen sensiblen Umgang mit ostdeutschen Erfahrungen und Verständnis über alle Generationen hinweg für die unterschiedlichen ostdeutschen Lebensgefühle. Herr Vaatz hat per Gastbeitrag in einem rechtspopulistischen Medium die Auffassung vertreten, die heute Regierenden behandelten die Proteste gegen Corona-Eindämmungsmaßnahmen beinahe so wie die SED die Proteste 1989 in der DDR. Das zeugt nicht von einem klaren und unvoreingenommenen Blick auf die Wirklichkeit, den wir doch so dringend brauchen, um Ost und West in gegenseitigem Verständnis einander anzunähern.“