Bartl / Buddeberg: Ärzt*innen und Frauen nicht kriminalisieren!

Gestern Abend hat der Verfassungs- und Rechtsausschuss des Landtages mit Mehrheit von CDU und SPD den Antrag der Linksfraktion „§219a StGB: Straftatbestand ‚Werbung für den Schwangerschaftsabbruch‘ abschaffen“ (Drucksache 6/12090) abgelehnt – so wie der Sozialausschuss am Montag. Dennoch fordert die Linksfraktion weiterhin von der Staatsregierung, dass sie im Bundesrat für eine ersatzlose Streichung des Paragraphen 219a StGB eintritt.

Vor einigen Wochen verwarf das Landgericht Gießen das Berufungsverfahren der bundesweit bekannt gewordenen Ärztin Christina Hänel. Der Richter stellte jedoch fest, dass der Kompromiss, einen legalen Schwangerschaftsabbruch mit einer Pflichtberatung zu verknüpfen, ein dogmatisches Unding sei. Hänel war zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt worden, da sie auf ihrer Webseite darüber informiert hatte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. § 219a StGB stellt nicht nur die „Werbung für den Schwangerschaftsabbruch“, sondern auch das Anbieten von ärztlichen Leistungen unter Strafe. Damit dürfen Ärzt*innen zwar Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, jedoch die dazu nötigen (fach)ärztlichen und medizinischen Leistungen nicht öffentlich anbieten. Weil sich immer weniger Frauenärzt*innen dem Risiko aussetzen wollen, diffamiert und kriminalisiert zu werden, ist in einigen Teilen der Republik inzwischen die Versorgung nicht mehr gesichert. Der Gesetzgeber muss also dringend handeln. Im Bundestag liegen drei Gesetzesentwürfe von LINKEN, GRÜNEN und der FDP vor. Die SPD hat ihren Gesetzentwurf nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages mit der CDU zurückgezogen. Im Bundesrat haben Berlin, Brandenburg, Hamburg und Thüringen am 12. Dezember 2017 eine Gesetzesinitiative zur „Aufhebung von § 219a StGB“ unter der BR-Drucksache 761/17 (neu) auf den Weg gebracht.

Dazu äußert sich Klaus Bartl, verfassungs- und rechtspolitischer Sprecher:

„Der Gesetzgeber darf die Entscheidung nicht dem Bundesverfassungsgericht überlassen. Die Staatsregierung sollte die Bundesratsinitiative zur Abschaffung des § 219a StGB unterstützen.“

Sarah Buddeberg, Sprecherin für Gleichstellungs- und Queerpolitik, ergänzt:

„Die SPD in der Bundesregierung lässt durch ihre Weigerung, mit einer vorhandenen Mehrheit im Bundestag den gesetzlichen Widerspruch aufzulösen, die betroffenen Frauen hängen. Der von der Koalition vorgelegte Kompromiss geht sogar in die entgegengesetzte Richtung und greift Forderungen der sogenannten Lebensschützer*innen auf. So sollen die psychischen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen untersucht werden. Damit stigmatisiert der Gesetzesentwurf Frauen von vornherein. Aber keine Frau macht sich eine solche Entscheidung leicht. Wir unterstützen daher den Landesfrauenrat, der sich für eine Abschaffung des §219a ausspricht.“