Bewaffnung der rechten Szene nimmt zu: Aufwachen, Herr Wöller!

Sogenannten Rechtsextremisten und Reichsbürger in Sachsen erhalten in zunehmender Zahl waffenrechtliche Erlaubnisse. Dazu erklärt Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Fraktion DIE LINKE:

Im vergangenen Jahr verfügten in Sachsen insgesamt knapp 150 amtsbekannte Rechtsextremisten (78) und Reichsbürger (68) über Waffenbesitzkarten – die Voraussetzung, um „legal“ an Schusswaffen zu gelangen. Diese Zahlen ergeben sich aus einer aktuellen Anfrage an die Staatsregierung (Drucksache 6/11786). Demnach sind Reichsbürger besonders waffenaffin, umgerechnet besitzen rund fünf Prozent von ihnen waffenrechtliche Erlaubnisse. Besonders viele entfallen auf die Landkreise Zwickau mit 16 und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit zehn Personen. Aus dem Spektrum der sonstigen rechten Szene, insbesondere dem Neonazi-Bereich, haben knapp drei Prozent entsprechende Erlaubnisse. Hier liegen nach „Verfassungsschutz“-Angaben die Kreise Bautzen, Görlitz und Erzgebirge mit je neun Personen vorn.

Zwar wurden 2017 in 40 Fällen (2016: drei) schon erteilte Erlaubnisse widerrufen und die jeweiligen Waffen eingezogen – auch auf der Grundlage spezieller Erlasse, die NPD-Mitglieder und Reichsbürger-Anhänger als waffenrechtlich unzuverlässig einstufen. Trotzdem gingen die meisten der immerhin 149 sogenannten Zuverlässigkeits-Prüfungen (2016: 36) ins Leere. Die Maßnahmen genügen offensichtlich nicht, um den „legalen“ Waffenbesitz in der extremen Rechten effektiv einzudämmen. So verfügten 2017 unterm Strich nicht weniger, sondern mehr Rechtsextremisten über Waffenbesitzkarten als 2016 (73 Personen). Im Jahr 2015 handelte es sich noch um 64 und 2014 um 61 Personen.

Zudem ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Denn insbesondere das Reichsbürger-Spektrum wird nur sehr langsam aufgehellt: Vor einem Jahr war noch von rund 400 Personen die Rede, inzwischen sind es 1.327, also mehr als dreimal so viele (Drucksache 6/11704). Ich sehe den neuen Innenminister vor der gleichen Herausforderung, an der sein Vorgänger gescheitert ist: die extreme Rechte endlich zu entwaffnen. Apropos: Nach Angaben der Staatsregierung gab es zuletzt auch vier Verdachtsfälle (2016: zwölf), dass Rechtsextremisten illegal über erlaubnispflichtige Waffen verfügen.