Buddeberg: Landesregierung gängelt die Betroffenen, anstatt den Schaden des Prostituiertenschutzgesetzes zu begrenzen

Die Mehrheit des Landtages hat heute mit einem Jahr Verspätung das Ausführungsgesetz zum Bundes-Prostituiertenschutzgesetz beschlossen. Sarah Buddeberg, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, erklärt:

Mit Prostitution ist es wie mit McDonalds: Angeblich geht keiner hin, aber der Andrang ist groß. Gesprochen wir darüber nicht, aber Geschichten aus dem Rotlichtmilieu schaffen es oft in die Medien. So entsteht das Bild einer schaurig-schillernden Welt, aber die Realität ist trist – das wissen alle, die mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern oder mit Betroffenen sprechen. Deren Perspektive ignoriert das Bundesgesetz, das Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter nicht schützt, sondern sie in die Illegalität drängt und alle unter Generalverdacht stellt.

Bezeichnend ist ein Freud‘scher Versprecher, den ich häufig höre: Nein, es heißt nicht Prostitutionsschutzgesetz, sondern Prostituiertenschutzgesetz. Nicht Prostitution soll geschützt werden, sondern Prostituierte. Der Bundesgesetzgeber meint, regelmäßiger Kontakt zu Behörden offenbare Zwangslagen, deshalb werden Anmeldung und Gesundheitsberatung vorgeschrieben, ohne Anonymität zu garantieren. Das führt zu Verunsicherung und Tabuisierung, wie das Beispiel einer Studentin zeigt, die ihr Studium mit erotischen Massagen finanziert. Dabei ist offen, was passiert, wenn eine Behörde eine Zwangslage vermutet: Aufsuchende Sozialarbeit ist in Sachsen unterfinanziert und wird durch das Gesetz erschwert. Die Landesregierung sollte sich auf der Bundesebene dafür einsetzen, dass das Prostituiertenschutzgesetz abgeschafft wird!

Bei der sächsischen Ausführung unterbietet die Landesregierung sogar die Bundesregierung. Einerseits behauptet die Koalition, man wolle Prostitution nicht unterstützen. Es ist aber abwegig, dann andererseits die Betroffenen für Anmeldung und Untersuchungen zahlen zu lassen, mit der Begründung, dass sie schließlich Geld verdienen. Denn dieses Geld dafür stammt, oh Wunder, auch aus Sexarbeit. Personen unter 21 Jahren sollen sich sogar doppelt so oft vorstellen. Überspitzt gesagt: Hier macht die Staatsregierung die Kommunen zu Zuhältern.

Wir stehen mit unserer Kritik nicht allein, das zeigt die heutige Protestaktion im Landtag, aber auch die Sachverständigenanhörung. Anmeldung und Gesundheitsberatung müssen kostenlos sein! Wer das nicht versteht, sollte dringend ein Praktikum zum Beispiel beim Gesundheitsamt in Dresden machen. Nötig sind Investitionen in aufsuchende Sozialarbeit, unterstützende Rahmenbedingungen für die Betroffenen und eine starke Selbstvertretung. Nicht zuletzt müssen auch in Sachsen Fachstellen für Ausstiegsberatung her.