Gebhardt / Friedrich zu 10 Jahren verfehlte Kreisgebietsreform: Die CDU denkt eben nur in Zahlen und nicht an die Menschen

Am 1. August 2008 trat in Sachsen die Kreisgebietsreform in Kraft. Die Flächenlandkreise wurden unter dem Vorwand der Kosteneinsparung weiter vergrößert. Vor dem zehnten Jahrestag erklärt Rico Gebhardt, der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag:

Die CDU hat sehenden Auges regionale Identität zerschnitten. Unter dem Vorwand der Effizienzsteigerung hat sie Kreise zusammengewürfelt, in denen der lokale Bezug verloren gehen musste. Die CDU denkt eben nur in Zahlen und nicht an die Menschen. Heute wissen wir, dass die CDU-geführten Regierungen selbst an ihrem eigenen Anspruch gescheitert sind. Die Kosten der Gebietsreform und der Behördenumzüge überwiegen die Einsparungen klar.

Große Einheiten lassen sich nicht automatisch besser „steuern“, sondern sie fördern Demokratieverdruss, Wahlverweigerung und Ungleichheit, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung befunden hat. Der Flurschaden der Reform ist beträchtlich. Die SPD hat sich keinen Gefallen damit getan, die Pläne zu unterstützen. Denn ein Ergebnis ist Bürgerferne – das kann kein Gespräch am Küchentisch wieder wettmachen.

Dr. Michael Friedrich, Chef der Linksfraktion im Kreistag von Nordsachsen, erklärt:

Mit Versprechen von Strukturanpassungen, mehr kommunaler Selbstverwaltung und Einsparungen in Millionenhöhe war die CDU nicht sparsam. Die  Kreisgebietsreform wurde mit Brachialgewalt durchgezogen. Nun steht fest, dass die meisten Versprechen nur Worthülsen waren.

Zwar war es richtig, die Verwaltungskraft der Landkreise zu stärken, indem staatliche Aufgaben samt Personal auf die Kreisebene übertragen wurden. Aber die überflüssige Mittelebene der Verwaltung wurde nicht abgebaut, sondern nur umbenannt, und an Bürokratiewucher wie Fördermittelbürokratie hat sich nichts geändert. Zu allem Überfluss wurde ein unsinniges „Behörden-Karussell“ in Gang gesetzt. Den Landkreisen aber fehlt weiter Geld, nicht nur Nordsachsen hat kaum noch Luft für freiwillige Aufgaben wie Kultur, Sport, Wirtschafts- und Tourismusförderung. Der Mehrbelastungsausgleich, der für die ehemals staatlichen Aufgaben gezahlt und ständig abgeschmolzen wird, entspricht seit Jahren nicht mehr dem Aufgabenvolumen. Die Städte und Gemeinden tragen also die Lasten der Reform, während der Freistaat Millionen bunkert. Derartige Kreisgebietsreformen sind kein Zukunftsmodell, sondern ein Auslaufmodell!