Marco Böhme: Leipzig/Halle bleibt für die Konzerne ein Billigflughafen – die Zeche zahlen die Anwohnerinnen und Anwohner
Am 1. April 2023 trat mit über einem Jahr Verspätung die neue Entgeltordnung für Start- und Landegebühren am Flughafen Leipzig-Halle in Kraft. Damit wurde zusätzlich zu den gewichtsbezogenen Entgelten ein geringfügiger, gestaffelter Lärmzuschlag mit Lärmklassen eingeführt – aber lediglich für Landungen, nicht für Starts. Schadstoff- oder CO2-Entgelte gibt es weiterhin nicht, anders als an anderen Flughäfen. So verlangt der Flughafen Köln-Bonn deutlich differenziertere und höhere Preise für Emissionen und Lärm. Weil dort einer von weltweit drei Hubs von UPS angesiedelt ist, hat der Flughafen für dieses Unternehmen eine ähnliche Bedeutung wie der Flughafen Leipzig/Halle für DHL. Marco Böhme, Sprecher der Linksfraktion für Klimaschutz und Mobilität, hat bei der Staatsregierung nachgefragt (Drucksache 7/13527) und erklärt:
„Alles wird teurer, nur die Logistikkonzerne am Flughafen Halle/Leipzig dürfen sich über Preisstabilität freuen: Zwar gibt es jetzt einen gestaffelten Lärmzuschlag, gleichzeitig werden aber die Grundpreise der bisherigen gewichtsbezogenen Entgelte um 18 Prozent gesenkt. So bleiben die Landeentgelte unterm Strich annähernd gleich und damit eine Mogelpackung. Die Staatsregierung argumentiert, die Absenkung sei ,imRahmen der Gesamtkalkulation‘ erfolgt. Finanzminister HartmutVorjohann, der sonst jeden Cent dreimal umdreht, verzichtet also zugunsten von Konzernen auf Steuereinnahmen. DerFlughafen wird in öffentlichem Eigentum betrieben und hat seit dem Jahr 2000 Verluste in dreistelliger Millionenhöhe gemacht.
Die Staatsregierung teilt nicht mit, welche Flugzeugtypen den Lärmklassen zugeordnet sind. Ich habe um Beispielrechnungen zu den häufigsten Modellen gebeten: Demnach steigt dasLandeentgelt eines Airbus A300-600F bei Tagflügen gerade einmal um 31,32 Euro auf 1.053,90 Euro. Für eine Boeing 777 wird es sogar 45 Euro billiger, das Entgelt sinkt auf 1.921,20 Euro. Auch die Zuschläge in der Nacht fallen sehr zurückhaltend aus. Im bundesdeutschen Vergleich sind sie ein schlechter Witz und bringen keine Lenkungswirkung, nachts weniger zu fliegen. Die Lärmentgelte fallen auch nur für die Landung am Flughafen Leipzig-Halle an, nicht jedoch für den ebenfalls lauten Start. Leipzig/Halle bleibt für die Konzerne ein Billigflughafen mit Nachtfluggebot. Die Zeche zahlen die Anwohnerinnen und Anwohner.
Zwar strebe die Flughafen Leipzig/Halle GmbH an, zusätzlich eine ,umweltbezogene Entgeltkomponente‘ einzuführen. Wir fragen uns aber, warum das nicht einfach mit der neuen Entgeltordnung erfolgt ist.“
Hintergrund: Vergleich mit den Entgelten am Flughafen Köln-Bonn
Welche Landegebühren fallen für den Nachtflug eines Airbus A300-600 an (dieser Typ zählt zu den drei meistgenutzten in Leipzig)?
Landeentgelt gewichtsbezogen | 837,90 EUR | Fixes Start- und Landeentgelt | 1.460 EUR |
Landeentgelt lärmbezogen | 216 EUR | Emissionsentgelt | 78 EUR |
Nachtzuschlag lärmbezogen | 108 EUR | Lärmentgelt | 450 EUR |
Summe | 1.161,90 EUR | Summe | 1.988 EUR zzgl. Sicherheitsentgelt von 1,95 €pro 100 kg abgeflogener Fracht |