Nico Brünler: Staatliche Aufträge soll es nur geben, wenn Unternehmen gute Löhne zahlen – bald Abstimmung zum Vergabegesetz

Mit Stimmen von CDU, Grünen, SPD und der Rechtsaußen-Fraktion hat der Wirtschaftsausschuss soeben dem Landtag empfohlen, den Entwurf der Linksfraktion für ein sozial gerechtes und ökologisches Vergabegesetz abzulehnen (Drucksache 7/10618). Damit steht der Gesetzentwurf bei der März-Plenarsitzung zur Abstimmung. Der wirtschaftspolitische Sprecher Nico Brünler erklärt:

„Der Ministerpräsident schwingt große Reden wegen des Arbeitskräftebedarfs, aber seine Koalition bekommt es nicht einmal hin, im direkten Einflussbereich des Staates für gute Einkommen und Arbeitsbedingungen zu sorgen. Wir sind sehr gespannt, ob diese Regierung wie schon die vorherige an der wichtigen Aufgabe scheitert, staatliche Aufträge an gute Löhne zu knüpfen. Wir bleiben dabei: Der Staat ist der größte Auftraggeber der Wirtschaft – in Sachsen betrifft das ein Volumen von über einer Milliarde Euro jährlich! Umso klarer ist seine Verantwortung, Gerechtigkeit in der Arbeitswelt zu befördern. Öffentliche Aufträge dürfen nur an Unternehmen gehen, die ihre Beschäftigten ordentlich behandeln, sie angemessen bezahlen und die Umwelt nicht schädigen. Wir fordern ordentliche Arbeitsbedingungen und einen Stundenlohn von mindestens 13,50 Euro brutto, auch bei Leiharbeit und Subunternehmen.

Bei der Anhörung zu unserem Gesetzentwurf wurde klar, dass Unternehmen bei der staatlichen Auftragsvergabe erheblich benachteiligt werden, wenn sie nach Tarif zahlen – denn es zählt oft nur das billigste Angebot. Das schwächt die Tarifautonomie. Es ist kein Wunder, dass der Freistaat weiterhin Schlusslicht bei der Tarifbindung ist. Auch wenn die Löhne dank kämpferischer Beschäftigter steigen, liegt der Freistaat auf dem drittletzten Platz. Auch deshalb arbeiten die Sächsinnen und Sachsen pro Jahr eine Woche länger als der deutsche Durchschnitt. Laut dem ,DGB-Index Gute Arbeit‘ sind die emotionalen und körperlichen Anforderungen sowie die Arbeitsintensität bei uns am höchsten. Das gilt besonders für die Baubranche, die das Vergabegesetz stark beeinflusst. Selbst aus der Wirtschaft gibt es Stimmen, dass es durchaus ein Gewinn für die Unternehmen ist, wenn bei Ausschreibungen nicht nahezu gesetzmäßig immer der Billigste, sondern wirklich der nachhaltig Wirtschaftlichste und Beste zum Zuge käme. Denn das stärkt kleine und mittlere Betriebe, die in Sachsen mehr als 90 Prozent der Unternehmenslandschaft ausmachen und die es sich nicht leisten können, absichtlich unter der Gewinnschwelle liegende Angebote abzugeben, damit sie bei öffentlichen Auftraggebern einen Fuß in der Tür haben.“ 

Hintergrund

Der Gesetzentwurf sieht Kriterien vor, die Unternehmen erfüllen müssen, um staatliche Aufträge zu erhalten. Der Zuschlag soll nicht automatisch an das vermeintlich wirtschaftlichste – das heißt: am kreativsten kleingerechnete – Angebot gehen. Vielmehr sollen soziale Kriterien wie Tariftreue und Mindestentgelte sowie ökologische Aspekte und die Regionalität der Bieter einbezogen werden. Öffentliche Auftraggeber müssen gute Arbeit fördern – deshalb sollen die ILO-Kernarbeitsnormen zum festen Vergabekriterium werden. Außerdem soll die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Gleichstellung der Geschlechter relevant werden. Öffentliche Auftraggeberinnen und Auftraggeber sollen nur umweltverträgliche und energieeffiziente Güter und Leistungen beschaffen, wobei die Lebenszykluskosten zu betrachten sind. Eine Sächsische Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung soll Kommunen dabei unterstützen, den Anforderungen eines modernen Vergabegesetzes gerecht zu werden. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sollen stärker als bisher in den Genuss öffentlicher Aufträge kommen.