Rico Gebhardt: Wann nimmt sich die Koalition selber ernst und diskutiert über die Solidaritätsbremse, wie sie es im April 2020 zugesagt hatte?

Der Landtag soll eine interfraktionelle Arbeitsgruppe bilden, um die Regelungen zur Solidaritätsbremse in der Verfassung zu überprüfen – das beantragt die Linksfraktion heute (Drucksache 7/12169). Die Koalitionsfraktionen hatten sich am 9. April 2020 selbst verpflichtet (Drucksache 7/2139), bis Ende 2021 die Tilgungsfrist und die Voraussetzungen für Kredite, die der Freistaat aufnimmt, auf den Prüfstand zu stellen. Bis heute ist das nicht geschehen. Linksfraktionschef Rico Gebhardt erklärt:

„Insbesondere in der CDU-Fraktion scheint weiter die Ansicht vorzuherrschen, dass die sächsische Landesverfassung die bestmögliche ist und an keinem einzigen Punkt geändert werden muss. Das ist falsch und wohl auch kein Konsens in der Koalition, denn der Koalitionsvertrag stellt fest, dass Änderungen nötig sind. Die Zeit drängt besonders bei den Regeln zur staatlichen Kreditaufnahme. Die unnötig schnelle Tilgung der Corona-Kredite belastet den Haushalt massiv und entzieht ihm Geld für wichtigere Zwecke.

Die Schulden- oder besser Solidaritätsbremse verhinderte und verhindert weiter wichtige Investitionen, die für eine gute Zukunft entscheidend sind. Sie muss in Frage gestellt werden. In den letzten Jahren haben wir gesehen, wie oft die auch im Grundgesetz verankerte Bremse insbesondere im Bundestag umgangen worden ist. Vor allem wurde sie von denjenigen umgangen, die sie gleichzeitig hochhalten. Ich erinnere an die 100 Milliarden für Aufrüstung.

Wir erinnern die Koalition heute an ihren eigenen Entschluss und Auftrag. Als der Freistaat 2020 den Corona-Bewältigungsfonds schuf, erlegten sich die Koalitionäre selbst die Pflicht auf, die Solidaritätsbremse zu überprüfen. Sie müssen damit endlich loslegen!“

Hintergrund: Aussagen aus der Koalition in der Sondersitzung am 9. April 2020

„Ein wichtiger Punkt ist – darauf ist heute mehrfach eingegangen worden –, dass Artikel 95 Abs. 4 und 6 der Sächsischen Verfassung – sprich: die Berechnung der Normallage und die Tilgungsfrist – einer Überprüfung zu unterziehen ist. Daiese Überprüfung soll bis Ende 2021 abgeschlossen und dann entsprechend behandelt werden.“

Dr. Stephan Meyer, CDU

„Wir sehen allerdings Anpassungsbedarf in den jetzigen Regelungen und wollen uns gemeinsam mit den Koalitionspartnern in den nächsten anderthalb Jahren damit auseinandersetzen und eine mögliche Verfassungsänderung in gebotener Ruhe und mit Sorgfalt angehen.“

Franziska Schubert, Grüne

„Für all diese Überlegungen brauchen wir vernünftige finanzielle Spielräume. Deshalb lösen wir heute die Schuldenbremse. Ich darf für die SPD sagen: unter der Bedingung, zu einem späteren Zeitpunkt die Regeln zur Rückzahlung der Kredite anzupassen. Denn die Bewältigung der Corona-Krise ist eine Generationenaufgabe. Deshalb wird es auch eine Generation Zeit brauchen, um die Kredite zurückzubezahlen.“

Dirk Panter, SPD