Rico Gebhardt: Will die Koalition warten, bis das Bundesverfassungsgericht das Wahlalter 16 für Sachsen anordnet?

Der Rechtsausschuss behandelte heute den Gesetzentwurf der Linksfraktion, das aktive Wahlalter bei Landtags- und Kommunalwahlen sowie in der Volksgesetzgebung auf 16 Jahre zu senken (Drucksache 7/12706). Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende und rechtspolitische Sprecher Rico Gebhardt:

„Mehr als zwei Drittel der 16- und 17-Jährigen in Deutschland dürfen bereits Gemeinderäte und Kreistage wählen. In Berlin will ein CDU-geführter Senat das Wahlalter für die Abgeordnetenhauswahl auf 16 Jahre senken. In Baden-Württemberg wurde unter dem CDU-Innenminister Thomas Strobl sogar das passive Wahlrecht ab 16 bei Kommunalwahlen eingeführt: Dort könnten ab dem 9. Juni 2024 16-Jährige in den Gemeinderat gewählt werden. In Sachsen dürfen die 16- und 17-Jährigen bisher nicht einmal ihren Stadt- oder Gemeinderat oder gar den Landtag wählen, sondern nur das Europaparlament. Absurder geht es kaum. Das Wahlalter 16 wird zum Regelfall, das Wahlalter 18 zur Ausnahme. Die Staatsregierung muss mit der Entwicklung Schritt halten!

Sachsen erinnert in grotesker Weise an die kleinen Zentralschweizer Kantone Appenzell-Ausserrhoden und Appenzell-Innerrhoden, die sich bis in die 80er Jahre weigerten, das Frauenstimmrecht einzuführen. Doch irgendwann war auch dort Schluss: Appenzell-Innerrhoden wurde durch Gerichtsentscheid 1990 gezwungen, das Frauenstimmrecht einzuführen. Auch der wahlrechtliche Flickenteppich in Deutschland wird hinsichtlich der Gleichbehandlung junger Menschen zum verfassungsrechtlichen Problem. Spätestens im nächsten Koalitionsvertrag wird an der Absenkung kein Weg vorbeiführen – es sei denn, auch die neue Koalition will riskieren, dass irgendwann das Bundesverfassungsgericht aus Gründen der Gleichbehandlung das Wahlalter 16 für Sachsen anordnet.

Die CDU muss ihre Blockadehaltung aufgeben. Es ist unglaubwürdig, wenn sie jungen Menschen die Reife zum Wählen abspricht. 16-Jährige dürfen ohne Beschränkungen Mitglied der CDU werden, in Sachsen die CDU dann aber nicht wählen. Das Wahlrecht ist ein Grundrecht und steht allen Menschen ohne ,Qualifikationsprüfung‘ zu!“