Schaper: Es ist zehn nach 12 – die Regierung Kretschmer muss die Empfehlungen der Pflege-Enquete unverzüglich umsetzen!

Anlässlich der Landtagsdebatte zum Abschlussbericht der Enquete-Kommission zur Pflege erklärt Susanne Schaper, Sprecherin der Fraktion DIE LINKE für Gesundheit und Soziales:

Der Bericht, in den wir viele Anregungen einbringen konnten, ist eine fundierte Analyse der Probleme im Pflegebereich. Er liefert detaillierte Lösungen. Damit die wichtige Arbeit nicht in der Schublade verschwindet, fordern wir die Staatsregierung auf, unverzüglich mit der Umsetzung der Empfehlungen zu beginnen. In Sachen Pflege ist es auch in Sachsen schon zehn nach 12.

Die meisten Pflegebedürftigen – 75 Prozent – werden von Angehörigen, Freunden oder ehrenamtlich Engagierten betreut. Pflegebedürftige sollten so lange wie möglich in ihren vier Wänden bleiben können. Doch je länger die Pflegebedürftigkeit dauert, desto größer ist das Risiko, dass pflegende Angehörige ihre Berufstätigkeit aufgeben. Wer pflegt, muss abgesichert sein – sei es durch Entgeltersatzleistungen, die Familien-Krankenversicherung oder die rentenrechtliche Gleichbehandlung von Pflege- mit Erziehungszeiten. Für beruflich wie privat Pflegende sind Programme zur Entlastung und Gesundheitsförderung notwendig. Die Landesregierung muss zudem eine niedrigschwellige, unabhängige und wohnortnahe Pflegeberatung gewährleisten.

Hauptberuflich Pflegende leiden unter miserablen Bedingungen: Dauerstress, der Mangel an verlässlichen Dienst- und Freizeiten sowie Dokumentations-Irrsinn kosten Kraft. Hinzu kommt die miese Bezahlung, die in Ost und West immer noch unterschiedlich ist. In Sachsen verdiente die Hälfte der Altenpflegekräfte 2017 nur 2.050 Euro brutto im Monat oder sogar weniger. Das ist beschämend! Mittlerweile bleiben Pflegekräfte im Durchschnitt nur noch knapp acht Jahre im Beruf. Der Fachkräftemangel trifft besonders die ambulante Pflege auf dem Land. Ein weiteres Problem ist die unzureichende Vergütung von Wegezeiten sowie der einzelnen Leistungen.

Das Pflegesystem muss anders finanziert werden. Derzeit werden Pflegebedürftige und Pflegende gegeneinander ausgespielt: Die Lohnsteigerungen der einen erhöhen die Eigenanteile der anderen. Daher muss auch die Landesregierung für eine solidarische Pflegevollversicherung kämpfen, in die alle Bürgerinnen und Bürger gemäß der Höhe ihrer vollen Einkommen einzahlen. So ließen sich alle mit der Pflegebedürftigkeit in Zusammenhang stehenden Leistungen aus der Pflegekasse finanzieren. Die Pflegefachkräfte in ganz Deutschland könnten endlich mehr Geld bekommen, ohne Pflegebedürftige oder ihre Angehörige zusätzlich zu belasten.

Ich will eine Gesellschaft, in der jeder menschenwürdige Pflege nach dem Stand der Wissenschaft erhalten kann. Und zwar ohne Kopfzerbrechen, ob man sie sich leisten kann!