Schaper: Wenn ich tot bin, brauche ich meine Organe nicht mehr – Widerspruchslösung sensibel debattieren und umsetzen

Susanne Schaper, Sprecherin der Linksfraktion für Gesundheitspolitik, erklärt zur heutigen Landtagsdebatte über das Thema Organspende:

Die Debatte zum Thema Organspende wirft ethische, moralische und auch religiöse Fragen auf. Auch wenn ich als Krankenschwester mit OP-Erfahrung eine glühende Verfechterin der Widerspruchsregelung bin, müssen dafür erst die Voraussetzungen geschaffen werden. Es fehlt noch viel Vertrauen, das durch diverse Verteilungsskandale verloren gegangen ist. Das gilt es zurückzugewinnen. Die Transplantationsbeauftragten müssen gestärkt und die Finanzierung durch den Bund geregelt werden, damit Krankenhäuser nicht auf Entnahme-Kosten sitzen bleiben.

Eine Widerspruchsregelung wäre dennoch solidarisch – Organe würden dort entnommen, wo sie nicht mehr benötigt werden, um sie denen zu geben, die sie dringend zum Überleben brauchen. Zum anderen ist sie auch die einzige Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass sich Menschen mit dem Thema auseinandersetzen – und das nicht erst, wenn sie in eine überfordernde Situation geraten. Denn Fakt ist, dass wir mehr Organspender brauchen. Im letzten Jahr gab es in Deutschland nicht einmal einen Spender pro 100.000 Einwohner. 769 Organspenderinnen und -spendern standen 7.620 Menschen auf der Warteliste von EUROTRANSPLANT gegenüber.

Es ist falsch, bei der Widerspruchsregelung von „Enteignung“ oder einem Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht zu sprechen. Auch bei der Widerspruchsregelung kann jeder Mensch frei entscheiden, ob Organe nach dem Tod entnommen werden dürfen. Man kann widersprechen oder es entscheiden die Hinterbliebenen. Spanien mit einem Bevölkerungsanteil von rund 70 Prozent Katholiken hat sich für die Widerspruchsregelung entschieden – mit Erfolg: 2017 wurden 5.000 Organe transplantiert, ohne dass ein Mensch dazu gezwungen worden wäre.

Die Daten von Organspendern sollten zentral erfasst werden. Der Organspende-Ausweis ist bisher die einzige Legitimationsgrundlage für die Krankenhäuser, Organe zu entnehmen. Wenn er zu Hause liegt oder im Notfall erst gesucht werden muss, vergeht wertvolle Zeit.

Neben Hinterbliebenen und den Transplantationsbeauftragten sind alle Akteure der Gesellschaft gefragt, dieses Thema sensibel zu diskutieren, fernab von Mythen und Vorurteilen. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn ich tot bin, bin ich tot – dann brauche ich meine Organe nicht mehr, ich brauche sie auch später nicht nochmal. Doch andere brauchen sie durchaus.