Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit!

Frauen und Männer werden für ihre Arbeit nach wie vor nicht gleichwertig entlohnt, die Arbeit von Frauen oder die Tätigkeit in sogenannten „Frauenberufen“ wird systematisch schlechter bezahlt. Als Gradmesser für diese geschlechterbedingte Lohnlücke dient der sogenannte Gender Pay Gap. In Deutschland liegt er nach letzten Messungen bei 18 Prozent, Frauen erhalten demnach brutto 4,16 Euro weniger pro Stunde als Männer (destatis 2021). 

Dieser komplexe Wert setzt sich aus vielen Ursachen zusammen. So unterscheiden sich individuelle Berufspräferenzen, Qualifikationen, berufliche Position oder der Beschäftigungsumfang. Doch auch diese Merkmale entstehen aufgrund von geschlechtsspezifischen Rollenbildern, die schon den Zugang zum Arbeitsmarkt erschweren. Vorurteile begünstigen ein ungleiches Studien- oder Berufswahlverhalten, das Mädchen die Tätigkeit in weniger und oft prekären Berufen nahelegt. Aktionen wie der jährliche Girls‘ oder Boys‘ Day weiten den Horizont über das Bild der Grundschullehrerin und Sozialpädagogin oder des KfZ-Mechatronikers und Ingenieurs hinaus. 

Im Verlauf des Erwerbslebens kommt es zu einer Mehrbelastung von Frauen durch Haus- und Sorgearbeit, vor allem wenn Kinder dazukommen und die Betreuungsangebote mangelhaft sind. Häufigere Unterbrechungen der Berufsbiografie und vermehrte Teilzeitarbeit schmälern den Verdienst später ebenso wie mangelnde Aufstiegschancen. Doch selbst wenn alle diese einkommensbestimmenden Faktoren herausgerechnet werden, bleibt immer noch ein unerklärter Rest von derzeit ca. 6 Prozent (=bereinigter Gender Pay Gap). 

Die Entgeltunterschiede summieren sich und führen dazu, dass auch Altersarmut ein überwiegend weibliches Problem ist. Bei den Renten wie auch beim Einkommen gibt es große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Die geringere Lücke in Ostdeutschland hängt unter anderem mit einer höheren Erwerbsquote von Frauen, einem besseren Kinderbetreuungsangebot und mit einem größeren Frauenanteil in Führungspositionen zusammen – allerdings auch mit einem generell niedrigerem Einkommensniveau (WSI-Report Nr. 60).

Neben der individuellen beruflichen Position trägt auch die Ungleichwertigkeit verschiedener Branchen zum Gender Pay Gap bei. Forschung zur Geschichte sogenannter „Frauenberufe“ hat gezeigt, dass es zur Abwertung von Branchen kommt, wenn der Anteil der weiblichen Beschäftigten steigt („Devaluationshypothese“). Gegenwärtig sind dies vor allem Berufe im Sozial-, Pflege- und Erziehungswesen, aber auch einfache Dienstleistungsberufe mit häufig prekären Arbeitsbedingungen. Bei der Arbeitsbewertung, die Tarifverträgen zugrunde liegt und die Höhe des Einkommens bestimmt, werden Tätigkeiten, die vor allem von Frauen ausgeübt werden, geringer geschätzt oder ausgeblendet. Das mindert ihren finanziellen Wert. Soziale und emotionale Kompetenzen für bestimmte Dienstleistungsberufe werden beispielsweise einfach vorausgesetzt und nicht als Qualifikation angerechnet, oder psychische und physische Belastungsfaktoren werden in Pflegeberufen ausgeblendet, nicht aber in einem technologischen Betrieb. Das Heben eines pflegebedürftigen Menschen ist jedoch nicht minder fordernd als das Heben eines Zementsacks. Und wiegt die Verantwortung für eine Abteilung Büroangestellter wirklich so viel schwerer als die für den Bildungserfolg einer ganzen Schulklasse? Flächendeckende Tarifverträge mit geschlechtersensibler Arbeitsbewertung („Comparable Worth“) sind ein wichtiger Schritt für die Gleichbezahlung gleichwertiger Arbeit – so wie ein höherer Mindestlohn im Niedriglohnsektor oder Quotenregelungen für Führungspositionen ihren Beitrag zur Überwindung des Gender Pay Gap leisten. 

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